Bürohund „Rieke“ in der BUNTE-Redaktion

Vorwort von Patricia Riekel (Chefredakteurin BUNTE)
zum Buch „FIDO: Das Glück hat Pfoten, das Chaos auch“ von Marion Grillparzer

Quelle: amazon

Über mein Vorzimmer wacht Rieke. Na gut, am Computer ist sie eine Niete, an Steno nicht zu denken, Kaffee kocht sie auch keinen. Dafür ist Rieke gut gelaunt, kommunikativ und sensibel im Umgang mit den Kollegen. Wenn in der Redaktionssitzung einmal gebrüllt wird, erscheint Rieke mit vorwurfsvollem Blick und schaut in die Runde. Alle schämen sich dann ein bisschen und bemühen sich um einen gemäßigteren Tonfall.

Rieke ist so etwas wie die Klimaanlage in unserem Büro und wirkt bei Temperamentausbrüchen ausgleichend, um nicht zu sagen: beruhigend. Es möchte sich auch niemand mit ihr verderben, denn Rieke versteht es, sich Respekt zu verschaffen. Vor ihrem Gebiss hat jeder Respekt, auch wenn sie damit meistens nur Kekse mümmelt. Riekes Schicksal ist es, dass sie Furcht einflößend wie King Kong wirkt, aber das Gemüt von Bambi hat. Irgendetwas ist in ihrer Kindheit wohl schiefgelaufen, sie wurde als Kampfmaschine gezüchtet, schnurrt aber wie ein zufriedener Kater, wenn man sie nur an den richtigen Stellen krault. Rieke gehört zu meinen Lieblingskolleginnen, auch wenn sie auf keiner Gehaltsliste steht.

Ihr geht es wie der Frau unseres ehemaligen Bundeskanzlers:
Sie hat eine wichtige Funktion, aber kein klar umschriebenes Aufgabengebiet. Bisher haben sich die Gewerkschaften auch noch nicht für Hunde im Büro stark gemacht dabei ist Rieke ein geeigneter Fall, um die Unverzichtbarkeit von Hunden im Büro zu dokumentieren, denn seit sie im BUNTE Vorzimmer sitzt, steigt die Auflage. Rieke ist übrigens eine sehr schöne Schäferhündin und gehört Claudia, die im Chefsekretariat von BUNTE arbeitet.

Wenn ich politisch etwas durchzusetzen hätte, würde meine erste Forderung lauten: Holt die Hunde in die Firmen! Das ist gut für den Umsatz.
Jeder weiß, dass die Leistung steigt, wenn das Betriebsklima stimmt. Und Hunde sind einfach die besseren Kollegen. Sie hören zu und unterbrechen dich nie, sie mobben nicht, verlangen keine Gehaltserhöhung und sägen nicht an deinem Stuhl – sie nagen höchstens daran, wenn er aus Holz ist.

Außerdem sind Hunde eindeutig die besseren Personalchefs. Warum knurrt mein Hund einen Kollegen an, dem ich eigentlich vertraue? Und warum schleckte er ausgerechnet dem Mitarbeiter die Hand ab, von dem ich nicht viel halte? Hunde haben keine Vorurteile, sie orientieren sich nicht an Positionen oder Gehaltslisten, sondern gehorchen nur ihrem Instinkt. Also hat man jeden Grund, auf die Reaktionen seines vierbeinigen Bürokollegen zu achten.

Ich zum Beispiel schwöre auf den Mops-Test. Jahrelang hat mich Churchill ins Büro begleitet, mein schwarzer Mops, ein echter Gentleman. Aber wie jeder weiß, der schon mehrere Stunden in Gesellschaft dieser Rasse verbracht hat, neigt die Kreuzung zwischen Marzipanschwein und einem Ochsenmaulfrosch zu, sagen wir mal, geruchsintensiven Phasen. Während der Mops scheinbar unschuldig schnarchend unter dem Konferenztisch liegt, stößt er dabei geräuschlose Geruchswolken aus, die sich wie Atompilze verheerend nach oben ausbreiten. Der Beginn einer interessanten Charakterstudie der Mitarbeiter. Die Hardliner reden unbeeindruckt weiter, die weniger Belastbaren beginnen unruhig hin- und herzurutschen und machen Anstalten, das Fenster aufzureißen. Und dann gibt es noch jenen Typ, der sofort die Schuld beim Nachbarn sucht, ihn vorwurfsvoll anschaut, nur um sich selbst aus der Schusslinie möglicher Verdächtigungen herauszunehmen.
Gibt es eine bessere Methode, seinen Kollegen zu durchschauen?

Gerne erzählt mein Vater die Geschichte, wie meine Mutter sein Herz stahl. Sie kam zu einem Vorstellungsgesprächin sein Büro, das er damals schon mit seinem Hund Rigoletto teilte. Rigoletto war schon etwas älter und hatte einige Nachlässigkeiten, wie das unter reiferen Junggesellen gelegentlich der Fall ist. Jedenfalls sprang er auf das neue Kostüm meiner Mutter, die das mit Haltung hinnahm, und machte ein Nickerchen. Während sie ihren beruflichen Werdegang schilderte, passierte dem schnarchenden Rigoletto ein kleines Malheur, es tropfte auf den Schoß meiner Mutter, die zwar erstarrte, aber Contenance zeigte und weitersprach. Mein Vater war von dieser jungen Dame so begeistert, dass er sofort beschloss, sie zu heiraten. Klar, dass ich mit Hunden aufgewachsen bin.

,,Hundelos“ war ich nur einmal in meinem Leben, als Jungredakteurin in Augsburg. Glücklicherweise lautete mein erster Auftrag: eine Reportage über das Tierheim. Es kam, wie es kommen musste, ich verließ das Tierheim mit einem kleinen Hund an der Leine.

So landete Basti in meinem Leben, eine rehbraune Mischung, zum Knuddeln süß, aber schwer erziehbar, die ich meinem Chefredakteur sofort vorführte. Zum Dank machte Basti Pipi in sein Büro. Drei Täge später nahm ich sie mit zu einem Interview mit dem Oberbürgermeister von Augsburg. Sie machte Pipi in sein Büro. Sie machte Pipi, als ich Gilbert Bécaud interviewte, und sie machte Pipi überall dahin, wo ich einen guten Eindruck hinterlassen wollte.
Ich gewöhnte mir an, immer Wisch- und Wegtücher in meiner Handtasche dabeizuhaben. Eine schwere Zeit, aber seit damals habe ich immer Hunde unter meinem Schreibtisch.

Meine aktuelle vierbeinige Bürogefährtin hört (gelegentlich) auf den Namen Amber und ist wie der Held dieses Buches ein Mallorca-Mitbringsel. Gefunden in einer Mülltonne und trotzdem hat sie das Vertrauen zu den Menschen nicht verloren. Die Liste ihrer Unarten ist so lang, wie meine Liebe zu ihr groß ist.

Wie sagte Heinz Rühmann: Natürlich kann man ohne Hunde leben – es lohnt sich nur nicht.

Patricia Riekel, Chefredakteurin BUNTE
(veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Frau Riekel)